Neulich stand Krokowski am Bahnhof in Mainz und suchte verzweifelt Gleis 11. 11 Minuten hatte die Bahn Krokowski zum Umsteigen gegeben, was eigentlich kein Problem sein sollte, hätte die Bahn Krokowski nicht zum mysteriösen Gleis 11 geschickt. In 11 Minuten sollte also Krokowskis Bähnchen auf Gleis 11 abfahren, und eben dort wollte Krokowski auch
Theiresias, den blinden Seher treffen. Also stieg Krokowski in den Hades der Unterführung hinab, den Schritt ob der Vorfreude auf ein Wiedersehen mit Theiresias schon ein wenig beschleunigt, passierte den Aufgang zu Gleis 5, Gleis 6, Gleis 8 - doch Gleis 8 war das letzte. Allein eine Wand ragte nach Gleis 8 auf, und da Krokowski zwar Krokowski, aber kein Zauberschüler ist, verspürte sie keinerlei Verlangen, mit viel Anlauf gegen die Wand zu springen, da ihr das Risiko, sich dabei zahlreiche Beulen und eine mittlere Gehirnerschütterung zuzuziehen, trotz des Anreizes, als neue Zauberschülerin einen hübschen spitzen Hut zu bekommen, als zu hoch erschien.
Gleis 11 lag, wie sich nach weiterem Umherirren herausstellte, nicht hinter den (freilich auch nicht existenten) Gleisen 9 und 10, sondern neben Gleis 1 und stellte damit sozusagen die Variante Gleis 1.1 dar. Und wie es sich heutzutage mit vielen 1.1. Versionen verhielt, verhielt es sich auch mit Gleis 1.1: es war allgemein verschmäht, denn wer verzichtet schon freiwillig auf die freilich auch nicht mehr ganz niegelnagelneue 2.0 Version? Aber vielleicht war im Jahr 2003 Version 1.1 noch avangardistisch.
Der blinde Seher fand Gleis 11 übrigens erst nach Krokowski, und so beschlossen die beiden, erst einmal in Ruhe überraschend leckere Dinkelkekse einkaufen zu gehen.